Interstellar bedeutet „zwischen den Sternen“. Somit ist der interstellare Raum der Raum zwischen den Sternen und die Interstellare Materie die Materie, welche sich zwischen den Sternen im interstellaren Raum befindet. Erst in den 1930er Jahren konnte die Interstellare Materie in den Spektren von Sternen nachgewiesen werden. Nach einer schärferen Definition befindet sich die Interstellare Materie zwischen den sogenannten Astropausen der Sterne. Die Astropause ist der Übergang der Astrosphäre eines Sterns zum interstellaren Raum. Die Astrosphäre ist eine blasenförmige Struktur, welche vom Sternwind (Teilchenstrahlung vom Stern) erzeugt wird und erfüllt ist. Sie hat eine andere Materiezusammensetzung als der Interstellare Raum. Eine scharfe Grenze gibt es jedoch nicht, der Übergang von Astropause in den Interstellaren Raum ist fließend.

Bild 1: Der Orion-Nebel (M 42) / Quelle Ralf Schmidt

Die Interstellare Materie kommt in verschiedenen Formen vor. Sie besteht hauptsächlich aus neutralem und ionisiertem Gas, etwa 90 Prozent Wasserstoff und 10 Prozent Helium. Elemente schwerer als Helium, in der Astrophysik zusammenfassend als Metalle bezeichnet, kommen nur in Spuren vor. Etwa ein Prozent der Interstellaren Materie liegt in Form von Molekülen und Staub vor. Zusammen mit der im interstellaren Raum vorhandenen elektromagnetischen Strahlung und Magnetfeldern bildet die Interstellare Materie das Interstellare Medium. Der Interstellaren Materie entsprechend gibt es innerhalb von Planetensystemen sogenannte Interplanetare Materie und zwischen den Galaxien die sogenannte Intergalaktische Materie.

Bild 2: Der Pferdekopfnebel im Orion (Absorptions- bzw. Dunkelwolke) / Quelle Ralf Schmidt

Interstellare Materie absorbiert, emittiert und reflektiert elektromagnetische Strahlung. Auf diese Weise kann Interstellare Materie detektiert werden. Es gibt verschiedene Möglichkeiten Interstellare Materie zu klassifizieren. Zunächst kann Interstellare Materie in zwei grundlegende Komponenten unterteilt werden: Gas (Ionen, Atome und Moleküle) und Staub. Eine weitere Möglichkeit ist die Klassifizierung nach der Temperatur:

  • Kalte Interstellare Materie besteht aus Staub und nichtionisiertem Wasserstoff (HI). Sie kann nur in Gebieten existieren, in denen die Temperatur unterhalb von 100 K liegt;
  • Warme Interstellare Materie besteht hauptsächlich aus Gas (Wasserstoff, Helium und Spuren von schwereren Elementen), welches teilweise neutral und teilweise ionisiert ist. Der Temperaturbereich der warmen Interstellaren Materie liegt etwa zwischen 1.000 K und 10.000 K.
  • Heiße Interstellare Materie ist vollständig ionisiertes Plasma bei Temperaturen von bis zu einer Million Kelvin. Derartige Zustände kommen in den Koronen von Sternen vor.
Bild 3: Nordamerikanebel (NGC 7000) / Quelle Ralf Schmidt

Die Interstellare Materie kommt in verschiedenen Formen vor, wie nachfolgend dargestellt:

Molekülwolken bestehen zu etwa 99,9 Prozent aus molekularem Wasserstoff (H2) und nur zu etwa 0,1 Prozent aus anderen Molekülen. Von diesen anderen Molekülen nimmt Kohlenstoffmonoxid (CO) den grüßten Anteil ein. Die Temperatur in Molekülwolken ist mit unter 50 K sehr gering. Die Dichte hingegen ist mit 1.000 bis 10.000 Atomen pro Kubikzentimeter relativ hoch. Typische Dichten im Interstellaren Medium sind etwa ein Atom pro Kubikzentimeter (10-24 g/cm³). Sehr kalte und dichte Molekülwolken absorbieren das Licht von dahinterliegenden Objekten und erscheinen daher als schwarze, sternlose Regionen am Sternhimmel. In diesem Fall wird auch von sogenannten Dunkelwolken gesprochen. Aus diesen Molekülwolken bilden sich auch die Sterne, indem es innerhalb dieser zu einem Gravitationskollaps kommt. Infolgedessen bilden sich Gebiete mit höherer Massendichte und Gravitation, welche immer weiter kollabieren. Über mehrere Entwicklungsphasen bilden sich dann Sterne heraus. Ausführlich wird darauf in der Abhandlung „Die Geburt, das Leben und der Tod der Sterne“ eingegangen. Von der baryonischen Materie der Galaxis (normale aus Atomen bestehende Materie, in Abgrenzung zur Dunklen Materie) machen die Molekülwolken etwa die Hälfte aus.

Interstellarer Staub besteht aus Staubteilchen, welche einen mittleren Durchmesser von etwa 0,3 µm haben. Die Hauptbestandteile des Interstellaren Staubes sind Silikate, Graphit und Eis. Unter den Silikaten, welche für die Planetenentstehung eine wichtige Rolle spielen, befinden sich hauptsächlich Olivine und Pyroxene. Auch Staubwolken haben niedrige Temperaturen von unter 100 K und bilden mit den Molekülwolken einen wichtigen Mechanismus zur Sternbildung. Der Staub ist ein wichtiger Kühlmechanismus für Molekülwolken. Erst bei entsprechend niedrigen Temperaturen im Bereich von 10 K kann es zu Sternbildung kommen. Der Interstellare Staub bewirkt eine wellenlängen- bzw. frequenzabhängige Abschwächung des durch ihn laufenden Lichtes, was als Extinktion bezeichnet wird. Hierbei wir kurzwelligeres blaues Licht stärker absorbiert als langwelligeres rotes Licht. Daher kommt es in Abhängigkeit von der durchlaufenen Schicht aus Interstellarem Staub zu einer Rötung des Lichtes. In der Umgebung von kühlen Sternen erscheinen die Staubwolken als Reflexionsnebel. Sie emittieren hierbei kein eigenes Licht, sondern streuen lediglich das Licht des Sternes. Im Ergebnis reflektieren sie das Sternenlicht, daher ihre Bezeichnung als Reflexionsnebel. Die Spektren der Reflexionsnebel ähneln daher dem Spektrum des anstrahlenden Sterns, wobei auch in diesem Fall das blaue Licht stärker als das rote gestreut wird.

H-I-Regionen bestehen aus atomarem, nicht ionisiertem Wasserstoff (H). Die römische Ziffer gibt den Ionisationsgrad an. Hierbei bedeutet I nicht ionisiert, II einfach ionisiert, usw. Im Falle von Wasserstoff, welcher nur aus einem Proton im Kern und einem Elektron in der Hülle besteht, kann es maximal zu einer einfachen Ionisation kommen. Charakteristisch für H-I ist die Emission der sogenannten 21-cm-Linie, was einer Frequenz von 1420 Hz entspricht. Der Spin (Drehimpuls) des Elektrons zum Atomkern kann parallel oder antiparallel eingestellt sein. Der Unterschied bedeutet praktisch die Drehung der Drehimpulsachse des Elektrons um 180°. Beide Möglichkeiten entsprechen verschiedenen energetischen Zuständen, so dass ein Übergang zwischen diesen einer Energiedifferenz entspricht. Diese Energiedifferenz wird in Form von elektromagnetischer Strahlung mit einer Wellenlänge von 21 cm frei. An sich sind solche Übergänge sehr unwahrscheinlich. Nur aufgrund der extrem hohen Anzahl der Wasserstoffatome kann kontinuierlich 21-cm-Strahlung gemessen werden. Mit Hilfe dieser Strahlung kann die Verteilung des atomaren Wasserstoffs im Interstellaren Raum gemessen werden.

Absorptions- und Emissionsnebel treten typischerweise in Sternentstehungsgebieten sowie in der Umgebung von jungen, sehr heißen Sternen der Spektralklassen O und B auf (Spektralklassen → Abhandlung: „Die Geburt, das Leben und der Tod der Sterne“). Bei diesen Nebeln handelt es sich um Überreste der Gaswolke, aus welcher diese Sterne entstanden sind. Wie bereits erläutert, bestehen diese Gaswolken zu etwa 90 Prozent aus Wasserstoff, 10 Prozent Helium und Spuren von schwereren Elementen. Bei der Sternentstehung sowie von jungen Sternen wird hochenergetische Strahlung mit hohen ultravioletten Anteilen ausgesandt. Diese Strahlung regt die Elektronen des Gases zu höheren energetischen Zuständen an, wobei bestimmte Wellenlängen dieser Strahlung absorbiert werden. Des Weiteren können die Gasatome auch ionisiert werden, was ebenfalls mit der Absorption von Strahlung verbunden ist. Wenn das Sternlicht einen entsprechenden Nebel durchläuft, dann zeigt das Sternspektrum die entsprechenden Absorptionslinien. Wenn die Elektronen wieder niedrigere Energiezustände einnehmen oder freie Elektronen wieder mit den Atomrümpfen rekombinieren, wird Strahlung emittiert. Auf diese Weise wird Strahlung bestimmter Wellenlängen frei. In diesem Fall erhalten wir vom Nebel ein Emissionsspektrum. Es gibt auch Kombinationen von Emissions- und Reflexionsnebel. In diesen Fällen wird von Diffusen Nebeln gesprochen.

H-II-Regionen bestehen größtenteils aus ionisiertem Wasserstoff und sind im Prinzip eine spezielle Art von Emissionsnebeln. Diese Regionen befinden sich in der Umgebung der bereits angesprochenen jungen, sehr heißen Sterne der Spektralklassen O und B. Diese Sterne geben einen bedeutenden Anteil ihrer Strahlung im ultravioletten Bereich ab. Diese hochenergetische Strahlung ionisiert den atomaren Wasserstoff, so dass sich H-II-Regionen bilden. Typischerweise finden sich diese H-II-Regionen daher in Gebieten, in welchen intensive Sternentstehungen stattfinden. Allerdings haben H-II-Regionen eine relativ kurze Lebensdauer von weniger als eine Millionen Jahre. Aufgrund der intensiven Sternwinde und möglichen Supernovae (Sternexplosionen) der massereichen Sterne wird der ionisierte Wasserstoff innerhalb des angegebenen Zeitraumes zerstreut.

Bild 4: Emissionsnebel NGC 281 / Quelle Ralf Schmidt

Im Ergebnis zeigt sich, dass das Interstellare Medium ein wichtiger Bestandteil des kosmischen Materiekreislaufes ist. Aus sehr kalten Molekül- und Staubwolken, welche kollabieren, entstehen Sterne und Planeten. Aufgrund der Sternaktivität entsteht eine Teilchenstrahlung, welche als Sternenwind bezeichnet wird. Dieser Sternenwind setzt sich aus den Bestandteilen des Sterns zusammen, also hauptsächlich aus Wasserstoff und Helium. Damit wird das Interstellare Medium wieder angereichert. In der Endphase der Sternentwicklung werden ganze Sternenhüllen bzw. bis zu 90 Prozent der ursprünglichen Masse des Sterns abgestoßen und damit das Interstellare Medium angereichert. Sehr massereiche Sterne, welche die schweren Elemente bis zum Eisen aufbauen, enden als Supernova. Während einer Supernova werden noch schwerere Elemente aufgebaut. Alle diese Elemente werden aufgrund der Supernova auch an das Interstellare Medium abgegeben. Auf diese Weise wird das Interstellare Medium mit Elementen schwerer als Wasserstoff und Helium, sogenannten Metallen, angereichert. Letztendlich wird diese Materie dann wieder für die Sternentstehung und die Planetenbildung verbraucht. Auf diese Weise trägt das Interstellare Medium zum kosmischen Materiekreislauf bei. Auch der Kohlenstoff, aus welchem das Leben auf der Erde aufgebaut ist, ist in Sternen entstanden. Bei Supernovae wurde dieser Kohlenstoff frei und reicherte das Interstellare Medium an. Als sich dann die Erde aus diesem Medium bildete, war auch der Kohlenstoff für die Entstehung des Lebens vorhanden. Die Erforschung der Interstellaren Materie ist im Ergebnis ein wichtiger Bereich der Astrophysik, welcher viele astrophysikalische Sachverhalte miteinander verbindet.